Digitale Barrierefreiheit: Verpflichtungen, rechtliche Anforderungen und erste Schritte für Unternehmen
Die digitale Barrierefreiheit gewinnt zunehmend an Bedeutung, sowohl aus ethischer als auch aus rechtlicher Sicht. Unternehmen, die ihre digitalen Angebote nicht barrierefrei gestalten, riskieren nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern schließen auch große Teile ihrer Zielgruppe aus. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird die barrierefreie Gestaltung von Websites und Apps ab 2025 in Deutschland verpflichtend.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verpflichtet Unternehmen, ihre digitalen Inhalte barrierefrei zu gestalten, um allen Menschen den Zugang zu ermöglichen. Für viele Unternehmen stellt dies eine Herausforderung dar, doch es ist eine wichtige Maßnahme, um nicht nur gesetzliche Vorgaben zu erfüllen, sondern auch die Benutzerfreundlichkeit und Reichweite zu verbessern. In diesem Artikel werden die rechtlichen Verpflichtungen, potenzielle Risiken und die ersten Schritte zur Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit ausführlich erläutert.
Digitale Barrierefreiheit: Verpflichtungen, rechtliche Anforderungen und erste Schritte für Unternehmen
Die digitale Barrierefreiheit ist nicht nur ein moralisches und ethisches Thema, sondern wird zunehmend auch rechtlich relevant. Mit dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) im Juni 2025 müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre digitalen Angebote für alle Nutzer zugänglich sind – unabhängig von deren körperlichen, sensorischen oder kognitiven Fähigkeiten. Unternehmen, die ihre Webseiten, Apps oder digitalen Dienste nicht barrierefrei gestalten, riskieren nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern schließen potenziell große Teile ihrer Zielgruppe aus.
Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Verpflichtungen zur digitalen Barrierefreiheit, die rechtlichen Anforderungen, die durch das BFSG und andere Gesetze auf Unternehmen zukommen, und führt durch die ersten notwendigen Schritte, um digitale Barrierefreiheit erfolgreich umzusetzen.
Warum digitale Barrierefreiheit wichtig ist
Digitale Barrierefreiheit sichert den Zugang zu digitalen Informationen und Dienstleistungen für alle Menschen, einschließlich Menschen mit Behinderungen. Für Unternehmen bedeutet dies, dass Websites, Apps und andere digitale Angebote so gestaltet sein müssen, dass sie für alle Nutzer nutzbar sind. Mit dem BFSG wird die Einhaltung der digitalen Barrierefreiheit in Deutschland verpflichtend, was Unternehmen zwingt, ihre digitalen Inhalte auf Barrieren zu überprüfen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen.
Barrierefreiheit bedeutet nicht nur, gesetzlichen Anforderungen nachzukommen, sondern bietet auch zahlreiche wirtschaftliche Vorteile: Unternehmen, die ihre digitalen Inhalte barrierefrei gestalten, können eine breitere Zielgruppe erreichen und das Nutzererlebnis insgesamt verbessern. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Verpflichtungen, rechtlichen Rahmenbedingungen und erste Schritte, die Unternehmen zur Erfüllung der digitalen Barrierefreiheit unternehmen müssen.
Verpflichtungen zur digitalen Barrierefreiheit: Was Unternehmen beachten müssen
Mit dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) werden Unternehmen dazu verpflichtet, digitale Angebote wie Websites, Apps und Online-Dienste barrierefrei zu gestalten. Das BFSG basiert auf der europäischen Richtlinie (EU) 2019/882 und hat das Ziel, Menschen mit Behinderungen den Zugang zu digitalen Angeboten zu erleichtern.
Wer ist vom BFSG betroffen?
Das BFSG betrifft insbesondere Unternehmen und Organisationen, die Produkte und Dienstleistungen im B2C-Bereich (Business-to-Consumer) anbieten. Ob das Gesetz für Ihr Unternehmen gilt, können Sie in den entsprechenden Paragrafen des BFSG nachlesen:
- §1 Absatz 2 des BFSG listet Produkte auf, die unter die Regelungen fallen.
- §1 Absatz 3 des BFSG beschreibt die Dienstleistungen, die betroffen sind.
Falls Ihr Unternehmen nicht direkt vom BFSG betroffen ist, gibt es dennoch viele Gründe, warum Sie Ihre digitalen Angebote barrierefrei gestalten sollten. Digitale Barrierefreiheit fördert nicht nur die Inklusion, sondern verbessert auch die allgemeine Benutzerfreundlichkeit und stärkt das Vertrauen in Ihre Marke.
Welche Fristen gelten?
Das BFSG schreibt vor, dass Websites, Apps und Onlinedienste bis spätestens 28. Juni 2025 barrierefrei sein müssen. Für bestehende Produkte gibt es eine Übergangsfrist bis 2030. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Übergangsfrist nicht für Websites und Apps gilt. Diese digitalen Angebote müssen bereits ab 2025 den Anforderungen entsprechen.
Vermeidung von unverhältnismäßigen Belastungen
Unternehmen, die der Meinung sind, dass die Umsetzung der Barrierefreiheit eine unverhältnismäßige Belastung für sie darstellt, können eine Ausnahme beantragen. Der Antrag muss bei der zuständigen Marktüberwachungsbehörde gestellt werden, und es muss nachgewiesen werden, dass die Umsetzung der Anforderungen zu erheblichen Schwierigkeiten führen würde.
Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass solche Ausnahmen selten gewährt werden. Die Marktüberwachungsbehörde wird genau prüfen, ob die Ausnahme gerechtfertigt ist und ob die Barrierefreiheit nicht aus bloßer Bequemlichkeit vernachlässigt wird.
Rechtliche Risiken und Bußgelder bei Nichteinhaltung der Barrierefreiheit
Die Nichteinhaltung der digitalen Barrierefreiheit kann für Unternehmen erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben. Das BFSG sieht empfindliche Bußgelder vor, die bei Verstößen gegen die Barrierefreiheitsanforderungen verhängt werden können. Die Marktüberwachungsbehörden können Geldstrafen von bis zu 100.000 € verhängen, wenn Unternehmen die Anforderungen nicht erfüllen.
Rechtliche Folgen im Detail
Es gibt mehrere rechtliche Wege, auf denen Unternehmen belangt werden können, wenn sie gegen die gesetzlichen Vorgaben zur digitalen Barrierefreiheit verstoßen:
- Unlauterer Wettbewerb
Das BFSG ist Teil des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb. Unternehmen müssen fair gegenüber Verbrauchern agieren, was auch bedeutet, dass sie digitale Barrierefreiheit sicherstellen müssen. Wenn Unternehmen gegen diese Pflichten verstoßen, können Mitbewerber oder Verbraucherschutzorganisationen rechtliche Schritte einleiten. Insbesondere Mitbewerber können so gezwungen werden, ebenfalls barrierefreie Angebote zu schaffen, um faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. - Gewährleistungsrecht
Produkte, die den Anforderungen der digitalen Barrierefreiheit nicht entsprechen, können als mangelhaft betrachtet werden. Kunden haben das Recht, solche Produkte zurückzugeben oder den Kaufpreis zu mindern. Ein typisches Beispiel wäre ein digitales Produkt, das für Menschen mit Behinderungen unbenutzbar ist. - Verstoß gegen Informationspflichten
Unternehmen sind verpflichtet, ihre Vertragspartner fair und umfassend zu informieren. Dies schließt auch die barrierefreie Bereitstellung von Informationen ein. Wenn Barrieren im Informationszugang bestehen und ein Kunde dadurch einen Fehler macht (z. B. eine falsche Buchung oder Bestellung), kann das Unternehmen für den entstandenen Schaden haftbar gemacht werden. - Klagemöglichkeiten für Verbraucher und Verbände
Menschen mit Behinderungen, die Verstöße gegen das BFSG bemerken, können dies der zuständigen Marktüberwachungsbehörde melden. Sollte die Behörde nicht tätig werden, besteht die Möglichkeit, gerichtlich vorzugehen. Verbraucherverbände haben zudem die Möglichkeit, Unternehmen im Rahmen des Verbandsklagerechts zu verklagen, um die Rechte von Menschen mit Behinderungen durchzusetzen.
Die ersten Schritte zur digitalen Barrierefreiheit
Die Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit erfordert eine sorgfältige Planung und strukturierte Vorgehensweise. Hier sind die ersten Schritte, die Unternehmen unternehmen sollten, um die Anforderungen des BFSG zu erfüllen und ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten:
Schritt 1: Bestandsaufnahme und Barrierefreiheitsanalyse
Der erste Schritt zur digitalen Barrierefreiheit besteht darin, eine umfassende Bestandsaufnahme der bestehenden digitalen Angebote durchzuführen. Dazu gehören Websites, Apps, Onlineshops und digitale Dokumente. Eine Barrierefreiheitsanalyse hilft dabei, Schwachstellen zu identifizieren und Bereiche zu erkennen, in denen Barrieren bestehen.
Diese Analyse kann intern erfolgen, es ist jedoch ratsam, auch externe Experten hinzuzuziehen, um eine objektive Bewertung zu erhalten.
Schritt 2: Schulung der Mitarbeiter
Um die Anforderungen der Barrierefreiheit erfolgreich umzusetzen, ist es entscheidend, dass alle relevanten Mitarbeiter über die notwendigen Kenntnisse verfügen. Schulungen sollten insbesondere in den Bereichen IT, Webentwicklung, Design und Content-Erstellung durchgeführt werden. Diese Schulungen sollten sich auf gesetzliche Anforderungen, bewährte Methoden zur Barrierefreiheit und den Einsatz von Tools zur Überprüfung von Barrierefreiheit konzentrieren.
Zusätzlich ist es wichtig, das Bewusstsein im gesamten Unternehmen für die Bedeutung der Barrierefreiheit zu schärfen.
Schritt 3: Entwicklung eines Umsetzungsplans
Basierend auf der Bestandsaufnahme und den Schulungen sollten Unternehmen einen detaillierten Umsetzungsplan entwickeln. Dieser Plan sollte klare Prioritäten und Fristen setzen, um sicherzustellen, dass die kritischsten Bereiche zuerst angegangen werden. Websites und Apps, die stark frequentiert werden, sollten in der Regel Vorrang haben.
Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen des Umsetzungsplans sind notwendig, um sicherzustellen, dass alle Maßnahmen fristgerecht abgeschlossen werden.
Schritt 4: Nutzung automatisierter und manueller Prüfungen
Sobald erste Maßnahmen zur Barrierefreiheit umgesetzt wurden, ist es wichtig, diese kontinuierlich zu überprüfen. Hierfür können Unternehmen auf automatisierte Test-Tools wie WAVE oder Axe zurückgreifen, um ihre Website regelmäßig auf Barrierefreiheitsprobleme zu testen. Diese Tools können viele gängige Probleme automatisch erkennen.
Darüber hinaus sollten manuelle Überprüfungen durch Experten durchgeführt werden, um subtile Barrieren zu identifizieren, die automatisierte Tools möglicherweise übersehen.
Schritt 5: Nutzerfeedback einbeziehen
Eine der effektivsten Methoden zur Verbesserung der Barrierefreiheit besteht darin, direktes Nutzerfeedback einzuholen. Unternehmen sollten Feedback-Kanäle bereitstellen, über die Nutzer mögliche Barrieren melden können. Dieses Feedback sollte regelmäßig ausgewertet und genutzt werden, um digitale Angebote weiter zu optimieren.
Warum Sie jetzt aktiv werden sollten
Die digitale Barrierefreiheit ist nicht nur eine gesetzliche Anforderung, sondern auch ein wesentlicher Aspekt einer modernen, inklusiven und nutzerfreundlichen digitalen Strategie. Unternehmen, die frühzeitig Maßnahmen zur Einhaltung der Vorgaben des BFSG ergreifen, sichern sich nicht nur rechtlich ab, sondern profitieren auch von einer verbesserten Benutzererfahrung, einem erweiterten Kundenstamm und einem stärkeren Markenimage.
Es ist entscheidend, dass Unternehmen jetzt die ersten Schritte gehen, um sicherzustellen, dass ihre digitalen Angebote bis Juni 2025 vollständig barrierefrei sind. Beginnen Sie mit einer Bestandsaufnahme, schulen Sie Ihre Mitarbeiter und entwickeln Sie einen klaren Plan für die Umsetzung der Barrierefreiheit. Denken Sie daran, dass digitale Barrierefreiheit nicht nur eine Pflicht ist, sondern eine Chance, Ihr Unternehmen inklusiver und erfolgreicher zu machen.